Destintionsstrategie mit Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten

Destinationsstrategie mit Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten

Bereich: Strategische Steuerung und Governance

Informationen

Allgemeine Informationen

Relevanz/Aussagekraft:

Der Indikator zeigt, ob und in welchem Umfang Nachhaltigkeit systematisch in der Destinationsstrategie verankert ist – etwa durch klare Zielsetzungen, messbare Indikatoren, ein begleitendes Monitoring, festgelegte Zuständigkeiten und ein zugeordnetes Budget. Eine solche strategische Verankerung gilt als wesentliche Voraussetzung für die wirksame Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die operative Tourismusentwicklung.
Als strukturierte Selbsteinschätzung liefert der Indikator Hinweise auf den strategischen Entwicklungsstand, die Prozessqualität sowie die institutionelle Verankerung von Nachhaltigkeit innerhalb der Destination. Er macht sichtbar, ob Nachhaltigkeit als Querschnittsaufgabe in Steuerungsprozesse, Organisationsstrukturen und Entscheidungslogiken integriert ist oder noch überwiegend projektbezogen erfolgt.
Die Problemrelevanz ist hoch, da die Qualität strategischer Steuerung maßgeblich bestimmt, wie konsistent, langfristig und kooperativ nachhaltige Tourismusentwicklung umgesetzt werden kann. Die Aussagekraft hängt jedoch von der Qualität der zugrunde liegenden Selbstbewertung und der Transparenz der Strategie ab; daher sollten Ergebnisse im Kontext der jeweiligen Organisationsstrukturen und Governance-Modelle interpretiert werden.


Definitionen/Begriffserklärungen:

Strategie für eine nachhaltige Tourismusentwicklung
Unter einer Strategie für eine nachhaltige Tourismusentwicklung wird eine schriftlich fixierte und offiziell verabschiedete strategische Grundlage verstanden, die das Handeln der Destination im Sinne einer langfristig nachhaltigen Tourismusentwicklung leitet.
Sie kann entweder
● eine eigenständige Nachhaltigkeitsstrategie für den Tourismus sein oder
● anhand einer übergreifenden Destinations- oder Tourismusstrategie vorliegen, in der Nachhaltigkeit als Querschnittsthema oder eigenständiger Handlungsbereich klar verankert ist.

In der Strategie sollten die ökologische, soziale und ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit integriert und anhand von zentralen Handlungsfeldern ausdifferenziert sein. Darüber hinaus umfasst die Strategie eine systematische Analyse und Bewertung der touristischen Wirkungen, einschließlich der Identifikation relevanter Risiken sowie konkreter Maßnahmen zu deren Minimierung.

Entscheidend ist, dass Nachhaltigkeit nicht nur deklarativ erwähnt, sondern systematisch als Leitprinzip verankert ist. Reine Leitbilder oder lose Absichtserklärungen ohne messbare Ziele, Verantwortlichkeiten oder Umsetzungsinstrumente gelten nicht als Strategie im Sinne dieses Indikators.


Partizipativer Entwicklungsprozess der Strategie
Die Strategie sollte unter aktiver Beteiligung der maßgeblichen Interessengruppen / Stakeholder aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen erarbeitet sein. Partizipation bedeutet dabei mehr als reine Information: Relevante Akteur*innen sollten in Entscheidungs- und Abstimmungsprozessen eingebunden sein, eigene Perspektiven und Interessen einbringen können und einen tatsächlichen Einfluss auf Inhalte, Ziele und Maßnahmen der Strategie haben.
Mögliche Interessensgruppen sind beispielsweise:
● Politik und Verwaltung: z. B. Kommunen, Landkreise, Regionalplanung, Umwelt- und Bauämter
● Tourismuswirtschaft: z. B. Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe, Freizeit- und Mobilitätsanbieter, Tourismusverbände
● Wirtschaft allgemein: z. B. lokale Unternehmen, Handelskammern, Standortinitiativen
● Zivilgesellschaft und Bevölkerung: z. B. Bürger*innen, Vereine, lokale Initiativen, Nachbarschaftsgruppen
● Umwelt- und Naturschutz: z. B. Umweltverbände, Landschaftspflegeverbände, Schutzgebietsverwaltungen
● Kultur, Bildung und Wissenschaft: z. B. Kulturbetriebe, Museen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen

Typische Beteiligungsformate sind Workshops, Konsultationen, Fokusgruppen, öffentliche Dialogveranstaltungen, Online-Beteiligungen oder Lenkungskreise mit Vertreter*innen verschiedener Interessensgruppen.

Der Prozess gilt als partizipativ, wenn die Beteiligung nachvollziehbar dokumentiert ist (z. B. Protokolle, Teilnehmerlisten, Rückmeldungen) und die eingebrachten Beiträge in der Strategie erkennbar berücksichtigt wurden.


Aktionsplan inkl. konkreter Maßnahmen für nachhaltige Tourismusentwicklung 
Ein Aktionsplan konkretisiert die in der Strategie festgelegten Ziele zur nachhaltigen Tourismusentwicklung durch ausdifferenzierte sowie umsetzungsorientierte Maßnahmen. Er enthält in der Regel eine strukturierte Übersicht über geplante Aktivitäten mit Angaben zu
● Zuständigkeiten (wer ist verantwortlich),
● Zeitplan oder Umsetzungszeitraum,
● benötigten Ressourcen und
● gegebenenfalls messbaren Erfolgsindikatoren.

Der Aktionsplan dient als operatives Steuerungsinstrument und ermöglicht es, Fortschritte systematisch nachzuvollziehen und Prioritäten transparent zu setzen. Er sollte regelmäßig überprüft, fortgeschrieben und an veränderte Rahmenbedingungen angepasst werden.


Stellenanteil in der DMO zur Umsetzung der Strategie für nachhaltige Tourismusentwicklung
Im Rahmen der Strategie sollte auch der prozentuale Personalanteil (Vollzeitäquivalente, VZÄ) innerhalb der DMO dargestellt werden, der konkret für Aufgaben im Bereich nachhaltige Tourismusentwicklung eingesetzt wird (z. B. Koordination, Monitoring, Umsetzung von Maßnahmen). Ein hoher Anteil signalisiert eine stärkere institutionelle Verankerung des Themas, wobei dieser in Relation zur Gesamtgröße der DMO und Destination einzuordnen ist.


Personelles/institutionalisiertes Management für Natur- und Kulturdenkmäler 
Weiterhin sollte eine Destinationsstrategie für eine nachhaltige Tourismusentwicklung ein institutionalisierte Management für Natur- und Kulturgüter vorsehen oder aktiv einbinden. Darunter wird eine dauerhafte organisatorische Zuständigkeit verstanden, die den Schutz, die Pflege und die nachhaltige Nutzung von Natur- und Kulturgütern sicherstellt. Das Management kann durch eigene Personalstellen, feste Kooperationen mit Fachbehörden oder bestehende institutionelle Strukturen (z. B. Naturpark-, Biosphärenreservats- oder Welterbe-Managementstellen) erfolgen. Entscheidend ist, dass diese Akteure in der Strategie namentlich oder funktional verankert sind und in Planung, Umsetzung oder Monitoring der nachhaltigen Tourismusentwicklung eine klare Rolle übernehmen.
 

Empfohlene Ebene:

Es wird sowohl die lokale, regionale als auch die Landesebene empfohlen.


Limitationen/Weiterentwicklungsbedarf:

Der Indikator ist als Erfüllungsindikator konzipiert und erfasst in erster Linie das Vorhandensein und die Ausgestaltung strategischer Elemente, nicht jedoch deren tatsächliche Umsetzung oder Wirkung. Die Aussagekraft hängt somit stark von der Selbsteinschätzung der Destinationen und der Interpretation der Bewertungskriterien ab. Dadurch besteht eine gewisse Subjektivität und eingeschränkte Vergleichbarkeit, insbesondere wenn Strategien hinsichtlich Form, Detailtiefe oder institutioneller Einbettung variieren. Trotz erläuternder Definitionen und Bewertungsrichtlinien können einzelne Kriterien von den Destinationen unterschiedlich verstanden oder gewichtet werden, was zu abweichenden Einschätzungen und Ergebnissen führen kann.

Für eine höhere Vergleichbarkeit und Nachvollziehbarkeit könnten die Selbsteinschätzungen künftig durch objektive Nachweise ergänzt werden, etwa durch die Vorlage von Strategiedokumenten, Aktionsplänen oder Monitoringberichten – es bräuchte dann allerdings auch eine entsprechende Überprüfung. Zudem kann die Aussagekraft des Indikators durch eine einheitliche Bewertungsmethode (z. B. Checklisten oder standardisierte Fragenkataloge) weiter verbessert werden.

 

 

Erhebung

Parameter:

  1. Existenz einer Strategie für eine nachhaltige Tourismusentwicklung: Eine schriftlich fixierte, offiziell verabschiedete Strategie (oder Tourismusstrategie mit klar integrierten Nachhaltigkeitszielen) liegt vor. Sie enthält Ziele, Maßnahmen und Zuständigkeiten zur nachhaltigen Tourismusentwicklung.
  2. Partizipativer Entwicklungsprozess der Strategie: Die Strategie wurde unter aktiver Beteiligung relevanter Akteure (z. B. Kommunen, Tourismuswirtschaft, Zivilgesellschaft, Umweltorganisationen, Bevölkerung) erarbeitet; Beteiligung ist dokumentiert.
  3. Strategie beinhaltet ein zugewiesenes Budget: Für die Umsetzung der Strategie ist ein eigenes Budget festgelegt (z. B. im DMO-Haushalt oder kommunalen Etat).
  4. Halbzeitüberprüfung der Strategie: Die Strategie sieht eine systematische Zwischenbewertung während des Umsetzungszeitraums vor (z. B. nach der Hälfte der Laufzeit).
  5. Monitoringrahmen/Indikatoren vorhanden: Ein Monitoring- oder Indikatorensystem zur Überprüfung von Fortschritt und Wirkung nachhaltiger Tourismusentwicklung ist in der Strategie verankert.
  6. Aktionsplan mit konkreten Maßnahmen vorhanden: Ein Aktionsplan mit definierten Maßnahmen, Zeitplan, Zuständigkeiten und Ressourcen liegt vor oder ist Teil der Strategie.
  7. Personelles/institutionalisiertes Management für Natur- und Kulturdenkmäler: Eine dauerhafte organisatorische Zuständigkeit für den Schutz und die nachhaltige Nutzung von Natur- und Kulturgütern ist in der Strategie benannt oder eingebunden.
  8. Stellenanteil (VZÄ) für Nachhaltigkeit in der DMO: Anteil der Vollzeitäquivalente (VZÄ) in der DMO, die für die Umsetzung der Strategie für nachhaltige Tourismusentwicklung eingesetzt werden.

Selbsteinschätzung: Pro “Ja”-Antwort gibt es 1 Punkt; Punkt Nr. 8 dient als vergleichende Zusatz-Info

Das Ergebnis ist ein Score:

     Score = Anzahl erfüllter Parameter/Gesamtzahl der Parameter x 100


Datenquelle:

Die Datengrundlage bilden eigene Strategiepapiere, Nachhaltigkeitsberichte sowie interne Planungs- und Organisationsdokumente der jeweiligen Tourismusorganisation. Ergänzend können Aktionspläne, Haushaltsunterlagen oder sonstige Analysen herangezogen werden. Die Datenerhebung erfolgt als Selbstauskunft durch die DMO auf Basis vorgegebener Definitionen und Bewertungskriterien.
Der Datenbezug ist einfach, da die erforderlichen Informationen innerhalb der DMO vorliegen. Es entstehen keine bis geringe Kosten für die Erhebung.
Managementsysteme wie die Zertifizierung „Nachhaltiges Reiseziel“ oder auch Beratungsprozesse zur Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien integrieren Inhalte dieses Indikators bereits oftmals. Im Rahmen dieser werden relevante Stakeholder einbezogen und anhand externer und unabhängiger Instanzen die subjektive Bewertung reduziert sowie eine ausgewogene Einschätzung ermöglicht.


Erhebungsfrequenz:

Jährlich zur Abfrage von Änderungen


Schritte zur Erhebung:

Die Erhebung erfolgt als Selbstauskunft der DMO auf Grundlage der definierten Parameter. Jeder Parameter wird mit Ja (1 Punkt) oder Nein (0 Punkte) bewertet, die Ergebnisse werden dokumentiert und bestenfalls durch geeignete Nachweise (z. B. Strategiepapiere, Aktionspläne, Haushaltsunterlagen) belegt. Die Gesamtpunktzahl ergibt sich aus der Summe der erfüllten Parameter und wird als Prozentwert (0–100 %) ausgewiesen.

Dabei sollten alle relevanten internen Stakeholder – insbesondere Geschäftsführung, Nachhaltigkeitsbeauftragte, Fachbereiche wie Marketing, Produktentwicklung oder Kommunikation sowie ggf. kommunale Partner – in die Bewertung eingebunden werden, um eine abgestimmte und belastbare Einschätzung zu gewährleisten.

Auswertung

Gewünschte Entwicklungsrichtung & Zielbezüge:

Ziel ist, dass die Destination über eine klare und verbindliche Strategie für eine nachhaltige Tourismusentwicklung verfügt. Eine solche Strategie ist notwendig, um nachhaltige Ziele langfristig zu verankern, Ressourcen gezielt einzusetzen und Maßnahmen koordiniert umzusetzen, anstatt Nachhaltigkeit nur projektbezogen oder punktuell zu behandeln.

Ein hoher Erfüllungsgrad zeigt, dass Nachhaltigkeit systematisch in Entscheidungsprozesse, Organisation und Steuerung integriert ist. Die Destination sollte darauf hinarbeiten, fehlende strategische oder organisatorische Elemente – wie Monitoring, Budgetierung oder Zuständigkeiten – zu ergänzen und damit eine kohärente und belastbare Grundlage für die nachhaltige Destinationsentwicklung zu schaffen.


Interpretationshilfe:

Ein hoher Erfüllungsgrad weist auf eine gute strategische Integration von Nachhaltigkeit hin, während niedrige Werte darauf hindeuten, dass wesentliche Bestandteile – etwa Monitoring, Budgetierung oder Zuständigkeiten – noch fehlen oder unzureichend umgesetzt sind.
Da die Bewertung auf subjektiver Einschätzung basiert, können Ergebnisse zwischen Destinationen variieren und sollten stets im Kontext der jeweiligen Organisations- und Steuerungsstrukturen interpretiert werden. Der Indikator dient somit als Orientierungs- und Entwicklungsinstrument, um den Stand der strategischen Verankerung von Nachhaltigkeit zu erfassen und Verbesserungspotenziale zu identifizieren.
 

Projektpartner